Lage in Deutschland

Die weltweiten Forschungen führen in vielen Ländern zu einer Verbesserung der Versorgung der Patienten. Die CDC (Centers for Disease Control, die höchste Gesundheitsbehörde der USA) hat die Bekämpfung der Erkrankung mit der höchsten Priorität belegt und führt millionenschwere Werbekampagnen zur Aufklärung durch. Auch das norwegische Gesundheitsministerium misst der Bekämpfung von ME höchste Priorität zu. Im Universitätskrankenhaus in Oslo entstand 2008 ein Spezialzentrum zu ME. Man startete zunächst mit einer Spezialambulanz und erweiterte das Zentrum noch um eine Station für Schwersterkrankte.

 

In Deutschland dagegen gibt es kein einziges Versorgungszentrum, um eine angemessene medizinische Versorgung zu gewährleisten. Forschung fand bisher so gut wie nicht statt. Die Ergebnisse der internationalen Forschung werden kaum zur Kenntnis genommen und fließen nicht in die ärztlichen Fortbildungen ein. Von der überwiegenden Mehrzahl der Ärzte wird deshalb ME/CFS aus Unkenntnis fehlinterpretiert und zum großen Leidwesen von Patienten, Anghörigen und letztlich der Gesellschaft als psychische Erkrankung eingeordnet. Man meint, das es den Betroffenen nur am Willen fehle, ihre Symptome zu ignorieren und mit ein bisschen Ausdauertraining wieder gesund zu werden. Neueste Studien zeigen deutlich die große Gefahr, die von den daraus abgeleiteten Therapeversuchen ausgeht. Auch der verharmlosende Name "Chronisches Erschöpfungssyndrom" suggeriert einen Zustand zeitlich begrenzter, unbedenklicher körperlicher Erschöpfung. Das nach den internationalen Klassifikationen (Fukuda-Kriterien von 1994 und Kanadische Konsensdefinition von 2003) definierte ME hat jedoch nichts mit einem zeitlich begrenzten Erschöpfungszustand wie z.B. beim Burn Out Syndrom oder einer Depression zu tun. Die Betroffenen verfügen nicht selten über ein Energieniveau wie ein AIDS-Kranker im letzten Stadium vor seinem Tod oder ein Krebskranker unter Chemotherapie. (Zitat: CIFDS-Foundation, USA)

 

In den USA spricht man hingegen von CFIDS als Abkürzung für Chronic Fatigue and Immune Dysfunction Syndrome, in England wird die Krankheit als „Myalgische Enzephalomyelitis“ (ME) bezeichnet, was auf die Beteiligung von Nervensystem und Muskulatur hinweist. Folgerichtig ist ME von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter G 93.3 (ICD-10) als neurologische Erkrankung klassifiziert. 2002 belief sich die Zahl der Erkrankten nach Schätzungen des Bundesministeriums für Gesundheit in Deutschland auf etwa 300.000 Menschen. Legt man die Erfahrungen anderer Länder zu Grunde, sind 40.000 Kinder und Jugendliche betroffen.

 

Vor dem Hintergrund der gesundheitspolitischen Sparmaßnahmen wird es in dieser Situation immer schwieriger, das notwendige Programm an Ausschlussdiagnosen durchzuführen bzw. überhaupt Ärzte zu finden, die sich ernsthaft auf die Problematik einlassen. Dabei lassen sich mittlerweile relativ eindeutige Diagnosekriterien auch aus Blutuntersuchungen finden, wenn sie denn gezielt ermittelt werden. Dem versagenden Gesundheitssystem fallen als erstes die komplexeren und schwierigeren Sachverhalte zum Opfer.

 

Folgen für die Patienten